Gleichheit und Nicht-Gleichheit

Die Beziehung zwischen der Ungleichheit und der Gleichheit von Menschen entspricht der Beziehung zwischen der abzählbaren Unendlichkeit und der überabzählbaren Unendlichkeit, wie auch der Beziehung zwischen Individuum und Kollektivum:

Jeder Mensch unterscheidet sich als Individuum von jedem anderen Menschen, unabhängig insbesondere von der genetischen Verfasstheit: Zwei eineiige Zwillinge, die zwar genetisch identisch sind, sind trotzdem zwei vollständig voneinander getrennte Persönlichkeiten. Gleiches würde auch für menschliche Klone gelten.

In dem Moment, wo man aber eine statistisch (mathematisch) relevante Vielzahl von Menschen betrachtet, verschwimmen die individuellen Unterschiede und kollektive Strukturen kommen zum Vorschein. Das Problem dabei: Ein Mensch kann sich nie mit der individuellen wie auch kollektiven Komponente des Menschen gleichzeitig beschäftigen, es geht nur zeitlich hintereinander. Das entspricht dem Phänomen in der Physik, dass man zwar den Teilchen- wie auch den Wellencharakter des Lichts in Experimenten beobachten kann, nie aber beides zugleich.

Der individuelle Charakter des Menschen entspricht dem Teilchencharakter des Lichts, der kollektive Charakter entspricht dem Wellencharakter des Lichts. Das hat schon Einstein aus dem Konzept gebracht:

Die Theorie liefert viel, aber dem Geheimnis des Alten bringt sie uns doch nicht näher. Jedenfalls bin ich überzeugt davon, dass der nicht würfelt.

Wieso sollte ein einzelnes Lichtteilchen (Quantum) im Doppelspaltexperiment nach links oder rechts abbiegen, nur weil es die Statistik so will? Warum sollte es nicht einfach, wie es sich für Teilchen gehört, einfach geradeaus weiter fliegen? Warum sollte der Mensch, der einen freien Willen hat, den Gesetzen der Statistik unterworfen sein? Er kann doch seinen Weg geradeaus gehen, egal was die Statistik sagt!

Die heftige Debatte um Herrn Sarrazin liegt darin begründet, dass die einen den Teilchencharakter des Lichts betonen und wie Einstein nicht glauben können, dass der Alte würfelt, wenn er die Menschen durchs Leben laufen lässt. Die anderen berufen sich auf Statistiken und betonen den Wellencharakter des Lichts, und wähnen sich in Sicherheit, die individuelle Würde des Menschen dabei nicht anzutasten. Beide Seiten haben Recht und Unrecht zugleich, denn sie können den Zusammenhang zur Gegenposition nicht sehen.

Es gibt ein schönes jüdisches Sprichwort, das ich hier leider nur sehr frei wiedergeben kann (kann jemand meiner jüdischstämmigen Mitbürger vielleicht die Quelle nennen?):

Jedes Kind vermehrt das Licht Gottes auf dieser Erde.

Würde man diesen Satz verinnerlichen, wären zwei Probleme auf einmal gelöst:

  1. Die geheimnisvolle Beziehung zwischen Individuum und Kollektivum wäre aufgrund der Lichtanalogie leicht zu verstehen.
  2. Man müsste studierten Menschen keine 50.000 € mehr zahlen (was Sarrazin als Lösungsvorschlag für hohe Kinderlosigkeit der gebildeten Schichten anführt), damit sie das Licht Gottes auf dieser Erde vermehren. Man würde schon allein deswegen Kinder bekommen, um mehr von der Sonne zu haben.
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2 Kommentare zu Gleichheit und Nicht-Gleichheit

  1. HAL9000 sagt:

    > Man würde schon allein deswegen Kinder bekommen,
    > um mehr von der Sonne zu haben.

    Dass Al Gore die versprochene Klimaerwärmung nicht leisten kann sehen wir, wiederholt, am „Sommer“ in Deutschland.

    Dieser fand, im Jahre 2010, an einem Mittwoch-Nachmittag statt.

  2. Immanuel sagt:

    Die innere Harmonie der Sprache haut mich immer wieder um. Mit der „Sonne“ hatte ich im übertragenen Sinne eigentlich Gott gemeint, da ja nach dem jüdischen Sprichwort Kinder das Licht Gottes vermehren und damit Sonnenstrahlen der „Sonne“ vermehren.
    Du hast das offensichtlich wörtlich verstanden, aber auch da ergibt es vollkommen Sinn, da ja ein Argument dafür, dass das Bevölkerungswachstum angeblich eingeschränkt werden muss, die globale Erwärmung ist. Und somit würden mehr Kinder den Treibhauseffekt erhöhen, und wir hätten „mehr von der Sonne“ ;-).
    Könnte es sein, dass ich einen sprachlichen Weg gefunden habe, der sowohl für Atheisten als auch Theisten beschreitbar ist? Das wäre ja dann vielleicht eine Möglichkeit, das vor uns liegende Jahrhundert der Religionskriege abzuwenden :-D.

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